Die Friedhofskapelle als Ehrenmal für die gefallenen Soldaten unseres Dorfes

Es ist nicht bekannt und auch wohl unwahrscheinlich, dass es in Haaren ein Ehrenmal für die gefallenen Soldaten des 19. Jahrhunderts gegeben hat. Der erste bekannte Gefallene unseres Dorfes war Johannes Hucht vom 8. Westfälischen Korps, der in dem Feldzug Napoleons gegen Russland 1812/13 sein Leben verlor.

Für die Gefallenen aus allen Orten des Kreises Büren in den Kriegen von 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich wurde aber in der Kreisstadt Büren an der Bahnhofsstraße, in der Nähe des Jesuitenkollegs, im Jahre 1907 ein gemeinsames Denkmal errichtet, eine hohe Säule mit einem großen Eisernen Kreuz auf der Spitze.

Um die Säule herum liegen große Findlinge, in die jeweils die Namen der Gemeinden des Kreises eingemeißelt sind. Auf einer Wand hinter der Säule waren auf sechs schwarzen Platten, die leider nicht mehr vorhanden sind, die Namen der Toten eingraviert. Nach unserer Gemeindechronik ist "1866 in der Schlacht bei Königgrätz der Gardist Johannes Kleine vulgo Müllers gefallen. Aus dem Krieg 1870/71 sind der Sohn des Wilhelm Wieseler vulgo Hellebock und der Reservist Moritz Meyer vulgo Weinschenker nicht zurückgekehrt."

Mit dem 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 entstand nun infolge der großen Zahl der Gefallenen eine völlig neue Situation. Deutschland hatte 1,8 Millionen Soldaten verloren; von den 312 rekrutierten Männern unserer Gemeinde sind 48 nicht in die Heimat zurückgekehrt. Es kam daher bald der Gedanke auf, zu Ehren der Gefallenen ein Denkmal zu errichten. Die Initiative dazu ergriff die kirchliche Gemeindevertretung in ihrer Sitzung am 22. November 1922. Unter dem Tagesordnungspunkt: " Instandsetzung der Kapelle auf dem Friedhof zur Ehrung der im Weltkrieg gefallenen Krieger hiesiger Gemeinde," wurde beschlossen, an die politische Gemeinde den Antrag zu stellen, die Kosten für dieses Unternehmen in Höhe von 500.000, -- Mark zu bewilligen. Die Zeiten waren sehr schlecht, und das Geld wurde durch die Inflation von Tag zu Tag wertloser. Es ist daher durchaus verständlich, dass die politische Gemeindevertretung die beantragte Summe am 1. Dezember 1922 "unter dem heutigen schwierigen Finanzverhältnis nicht bewilligen konnte.

Die Maßnahme wurde dann aber doch trotzdem gemeinsam in Angriff genommen und erfolgreich durchgeführt .So übernahm die politische Gemeinde die Kosten für den benötigten Grant zum Vermauern, Verputzen und für die Reparatur der Friedhofsmauer. Die meisten Kosten werden aber wohl durch Spenden aufgebracht worden sein. Ein Nachweis der Finanzierung liegt jedoch nicht vor. "Schon am 24. Juni 1923, auf Johanni, feierte die Gemeinde Haaren die Einweihung der Kriegerehrung.

Die renovierte Kapelle war ausgeschmückt mit einem neuen Altar, über dessen Altarbild folgende Inschrift steht: "Grössere Liebe hat niemand als wer sein Leben lässt für seine Freunde" Joh. 15, und mit neuen Bänken. In zwei aus massivem Eichenholz geschnitzten Tafeln sind die Namen von 48 gefallenen und vermißten Heldensöhnen, aus jedem Alter von 19 bis zu 45 Jahren eingefügt. Über dem Eingangsportal wurden ein Eisernes Kreuz und an den Seiten die Jahreszahlen 1914 und 1918 angebracht.

An der Feier nahmen teil: Der Volksvereinssekretär Löcker aus Paderborn als Festredner, Herr Pfarrer Schmidt aus Haaren, der Pfarrer aus Helmern, drei Musikkapellen, drei Gesangvereine, neun fremde Krieger- und Schützenvereine, der Haarener Kriegerverein und der Schützenverein. Bei der Feier waren mehr als 1500 Seelen zugegen. So ein rührendes Fest hatte Haaren noch nicht gehabt. Soweit der Schreiber der Gemeindechronik.

Haaren hatte eine vorbildliche Gedächtnisstätte, in der die Besucher jederzeit in aller Ruhe und ungestört für ihre gefallenen Männer, Väter und Söhne beten konnten. Die Vereine des Dorfes hatten nun eine Stätte, an der sie bei ihren Jubiläumsfesten oder aus anderen Anlässen der Kriegstoten durch eine Kranzniederlegung auf der Altarstufe gedenken konnten.

Für den Schützenverein ist dieser feierliche Akt seither ein fester Bestandteil des alljährlichen Schützenfestes geworden. Zu Allerheiligen legten die Haarener Familien Kränze für ihre Kriegstoten in der Kapelle nieder oder hängten sie an die Haken, die zu diesem Zweck an deren rechten Außenwand angebracht waren. In der Kapelle wurde an der linken Innenwand noch eine große Ehrentafel für die Gefallenen und Kriegsteil-nehmer des Weltkrieges 1914/18 angebracht. Im unteren Teil der Tafel sind 312 Kriegsteilnehmer namentlich aufgeführt, und im oberen Teil befinden sich fast 200 Fotos der Soldaten. Im Sommer des Jahres 1936 wurde die Kapelle neu ausgemalt. Auf einen hell getönten Deckenspiegel wurde das Eiserne Kreuz gemalt, umgeben von einem Dornenkranz und folgender Inschrift: "Wir Toten fordern als unser Recht, den alten Treueschwur vom jungen Geschlecht." Wenige Jahre später brach dann am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg aus, der grausamste Krieg des 20.Jahrhunderts. Vier Millionen deutsche Soldaten verloren ihr Leben, und auch in Haaren mehrten sich damals die Zahlen der gefallenen und vermissten Soldaten immer schneller.

Schon bald nach Kriegsende kam der Gedanke nach einem Ehrenmal für die Gefallenen des 2. Weltkrieges auf. In seiner Sitzung am 1.1.1946 fasste der Rat der politischen Gemeinde folgenden Beschluss: Über die Anlage einer Gefallenenehrungsstätte wurde beraten. Ein Sachverständiger soll zu Rate gezogen werden und die endgültige Entscheidung dem Kirchenvorstand überlassen werden, da der alte Teil des Friedhofs (einschl. Kapelle) Eigentum der Kirchengemeinde ist. Der Kirchenvorstand griff den Gedanken in seiner Sitzung am 17.2.46 auf. Es wurde eine Kommission gebildet, die die Anlage eines Kriegerehrenmales auf dem alten Friedhof in Durchführung bringen sollte.

Das Gräberfeld rechts von der Kapelle wurde eingeebnet und in eine Grünanlage umgewandelt. Inmitten des Rasens wurde auf einem soliden Fundament der Sockel eines ehemaligen Grabsteines gesetzt und mit einem wuchtigen Kreuz versehen, das der Maurermeister Franz Kriener selbst gegossen hatte. Dieses Denkmal war schlicht und einfach ohne jegliche Beschriftung. In der Mitte des Kreuzes war auf beiden Seiten lediglich ein Epigramm eingefügt, auf dem zwei Eichenblätter mit drei Eicheln zu erkennen sind. Für dieses Denkmal hatte sich der Schneidermeister Anton Günther besonders tatkräftig eingesetzt.

Als man, nachdem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich verbessert hatten und auch getrieben von dem Wunsch der ganzen Gemeinde, die Helden des letzten Krieges ehren wollte, stand man vor der Frage, wie man am besten und glücklichsten eine Verbindung zu den Toten des ersten Weltkrieges finden und schaffen könne. Da lag der Gedanke nahe, die Namen der 89 Gefallenen und 49 Vermissten der Gemeinde einschließlich der Ostvertriebenen auf ebensolchen Tafeln zu verewigen und sie gleichfalls in der Friedhofskapelle anzubringen. Der Paderborner Bildhauer Wiesbrock übernahm die Gestaltung der Tafeln aus Jahrhunderte altem Eichenholz und das Einschnitzen der Namen.

Die Gemeinde Haaren ging inzwischen an die Renovierung der Kapelle selbst. Das schadhaft gewordene Dach wurde neu eingedeckt und weitere Instandsetzungsarbeiten durchgeführt. Am Portal wurden die Jahreszahlen 1939 und 1945 eingefügt. Malermeister Hans Gockel bekam den Auftrag, das Innere der Kapelle und den Altar aufzufrischen. Die Inschrift in dem Eisernen Kreuz unter der Decke lautete nun: "Wir starben für euch ihr aber betet für uns." Nicht geringe Verdienste, dass man so schnell zum Zuge kam, muss man der Gemeindevertretung und dem rührigen Bürgermeister Heinz Gockel zuschreiben. Nicht vergessen darf man die Spenden und die Jagdgenossen, die ihre Erträgnisse aus den Jagdpachtgeldern für zwei Jahre zur Verfügung stellten. So erhielt Haaren nun eine würdige Gedenkstätte auch für die Toten und Vermissten des letzten Krieges. Es ist kein Denkmal, das nach außen glänzt, sondern eine stille Stätte. Die Einweihung der Anlage erfolgte am Kirmestage, dem 17.10.1954, in einer eindrucksvollen Feier, an der fast die gesamte Bevölkerung des Dorfes und Ehrengäste aus der Politik und Verwaltung teilnahmen.

In den folgenden Jahrzehnten waren immer wieder Renovierungsarbeiten erforderlich, und die Kapelle erhielt einen Außenputz. Im Juni 1987 brach bei einem Sturm die linke Kastanie vor der Kapelle zum Teil auseinander und zerstörte den vorgebauten Glockenstuhl total. Der Schaden konnte aber von der Zimmerei Gockel/Hillebrand schnell wieder behoben werden.

In der Nacht von Allerheiligen zum Allerseelentag des Jahres 1989 kam es in der Kapelle zu einem Schwelbrand, verursacht durch brennende Kerzen, die in einer großen Metallschale aufgestellt waren. Der Innenraum und die gesamte Ausstattung wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Inventar musste ausgelagert und jedes Teil in mühevoller Arbeit gesäubert werden. Am schlimmsten betroffen war der Kreuzweg. Diese Arbeiten wurden von dem Malermeister Ludwig Mersch vortrefflich geleistet. Von ihm wurden dann auch die Säuberung und der Neuanstrich des Innenraumes der Kapelle vorgenommen, nachdem zuvor alle infolge der aufsteigenden Mauerfeuchtigkeit entstandenen Putzschäden behoben waren. Über die Schäden und notwendigen Reparaturen hat Ludwig Mersch für die Stadt Wünnenberg einen ausführlichen Bericht erstellt.

Im letzten Jahr des 20. Jahrhunderts wurde dann unter der Regie des Schützenvereins von Schützenbrüdern in ihrer Freizeit das 1946 in der Grünanlage aufgestellte Ehrenkreuz überarbeitet und teilweise erneuert. Das Kreuz wurde gründlich gereinigt und ausgebessert. Der alte Grabsteinsockel war nicht mehr brauchbar und musste durch einen Betonblock ersetzt werden. Die Seiten des Blockes wurden mit beigefarbenen Sandsteintafeln mit einer feinen Maserung eingefasst, und der freie Teil und das Kreuz wurden in einem braunen Farbton gestrichen.

Die Sandsteintafeln erhielten folgende Inschriften: Vorderseite: Den Gefallenen und Toten unserer Gemeinde. Links: ein Eisernes Kreuz mit den Jahreszahlen 1914 und 1918. Rechts : ein Eisernes Kreuz mit den Jahreszahlen 1939 und 1945. Rückseite: Anno 2000. Ein Blumenbeet um das Kreuz erhielt einen Ring aus Pflastersteinen. Insgesamt ein gelungenes Werk. Die bei der Maßnahme entstandenen Kosten wurden vom Schützenverein übernommen.

Herzlichen Dank!